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13) Ein Denar aus dem Ende der Regierungszeit des Augustus 13/14 n. Chr.

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Dieser römische Denar wurde in einer in Lugdunum eingerichteten Reichsmünzstätte geprägt. Vorder- und Rückseite sind von einem Perlkreis umgeben.
Auf der Vorderseite ist das bekannte Augustusporträt mit einem Lorbeerkranz  abgebildet. Die Blickrichtung des Profils zeigt nach rechts. Auf der rechten Seite beginnt die Legende CAESAR AVGVSTVS DIVI F PATER PATRIAE und erstreckt sich um den ganzen Münzrand. Das Porträt des Augustus entspricht einem Herrscherbildnis, das zeitlos sein soll und deshalb nicht altert. Dieses Herrscherbild sollte die Vorstellung von Augustus für künftige Zeiten prägen, obwohl es mit dessen wirklichem Aussehen wahrscheinlich nur noch wenig zu tun hatte. Die Rückseite zeigt Tiberius als triumphierenden Imperator in einer Triumphalquadriga, in der Rechten hält er einen Lorbeerzweig (laurus delphica), in der Linken ein Adlerszepter (aquila). Die Legende TI CAESAR AVG F TR POT XV beginnt am unteren Münzrand und verläuft ebenfalls  vollständig am Perlkreis entlang. Die Zeitstellung unserer Münze ergibt sich aus der Titulatur der beiden Dargestellten: Die Vorderseitenlegende CAESAR AVGVSTVS DIVI F(ilius) PATER PATRIAE nennt den Kaiser „Sohn des Vergöttlichten und Vater des Vaterlandes“. Damit finden sich in seinem Namensatz jetzt die ideologische Fundierung des Prinzipats: Augustus ist (seit 42 v. Chr.) „Sohn des vergöttlichten Caesar“ und seit 27 der „Erhabene“ (Augustus). Der Höhepunkt der Anerkennung seiner Stellung ist die Verleihung des Titel des  pater patriae („Vater des Vaterlandes“) im Februar 2 v. Chr. durch den Senat. Sie steht sicherlich in Zusammenhang mit der (vermeintlich endgültigen) Regelung der Nachfolge durch seine beiden Enkel Gaius und Lucius Caesar (siehe vorige Münze). Die Rückseitenlegende zeigt, dass wenige Jahre später die Pläne des Augustus zur Nachfolgereglung gescheitert waren: TI(berius) CAESAR AVG(usti) F(ilius) TR(ibunicia POT(estate) XV - „Tiberius Caesar, Sohn des Augustus, mit der 15. tribunizischen Amtsgewalt“.
Die tribunicia potestas, eine der fundamentalen Rechtskompetenzen des Kaisers, war Tiberius bereits im Jahre 6 v. Chr. zum ersten Mal verliehen worden. Sie wurde aber erst nach seiner Rückkehr aus dem freiwilligen Exil in Rhodos und seiner Adoption und Bestimmung als Nachfolger durch Augustus im Jahre 4 n. Chr. regelmäßig Jahr um Jahr erneuert und damit Bestandteil der Kaisertitulatur. Die 15. tribunizische Amtsgewalt fällt in den Zeitraum zwischen den 1. Juli 13 und den 30. Juni 14 n. Chr., weshalb auch die Datierung dieses Denars relativ genau eingegrenzt werden kann.
Die Rückseite wird beherrscht durch die Darstellung des Tiberius als Triumphator: Die von ihm gelenkte Quadriga wird von vier weißen Pferden gezogen (bei diesem Denar richten alle vier Pferde ihren Blick nach vorn). Der Adler gilt als der vornehmste Vogel der Antike. Als einziger göttlicher und mantischer Vogel war er ein Siegverkünder und gehörte zu den Feldzeichen des römischen Heeres. Zuletzt ist der Lorbeer (laurus delphica), ein Zeichen des Friedens, dargestellt, womit die siegreichen Waffen des Feldherren geschmückt wurden. Mit den Triumphalinsignien Lorbeerzweig, Adlerszepter und Quadriga übernimmt Tiberius den heroischen Teil dieser Münzeprägung.
Die rückseitige Darstellung des auf der Quadriga fahrenden Triumphators bezieht sich  vermutlich auf den dakisch-pannonischen Triumph des Jahres 9 n. Chr., den Tiberius wegen der im gleichen Jahr erfolgten Niederlage des Varus gegen die Germanen nicht hatte feiern können und dies erst im Jahre 12 n. Chr. nachholte. „Sie propagiert aber zugleich in einem allgemeinem Sinne die militärische Tüchtigkeit (virtus) des Prinzen, der als gebürtiger und sehr familienstolzer Claudier nicht am iulischen Familienmythos teilhatte, sich vielmehr durch eigene Leistungen das Anrecht auf die Nachfolge des Augustus erwerben musste.“ (trillmich) Die Präsentation des Nachfolgers als Sieger und Triumphator führt zugleich zu einer Entrückung und Erhöhung des amtierenden Herrschers.
Diese Münze gehört zu weiteren Prägungen, die ein numismatischer Niederschlag des Testaments vom 3. April  13 n. Chr. waren, indem Augustus seinen designierten Nachfolger und Adoptivsohn Tiberius als Erben einsetzte. Nicht nur das Testament des Augustus, sondern auch die Propaganda für den künftigen Kaiser Tiberius sorgte für einen reibungslosen Herrschaftswechsel.

Inv.-Nr. 3283 (3,82g, Stempelstellung 4)
RIC I2, Nr. 222
Ludmilla Fichtner
Literatur:

  • Trillmich, Werner, in: Antikenmuseum Berlin (Hrsg.): Kaiser Augustus und die verlorene Republik, Berlin 1988, S. 527.

  • Eck, Werner: Augustus und seine Zeit, 2. Aufl., München 2000.

  • Kienast, Dietmar: Augustus, Prinzeps und Monarch, 3. Aufl., Darmstadt 1999.

  • Zanker, Paul: Augustus und die Macht der Bilder, 2. Aufl., München 1990.